Ich fühlte mich hilflos zwischen all den verlorenen Großstadtgestalten. Die Mädchen trugen falsche Perlen, lachten schrill und warfen den baumlangen Kerlen an der Theke glutäugige Blicke zu. Nervös nippte ich an meinem Glas, als ich über mir einen Schatten bemerkte. Eine kleine krumme Gestalt beugte sich zu mir herunter.
“Salut Mademoiselle, darf ich mich setzen?” Noch bevor ich antworten könnte, schnappte der Mann sich einen Stuhl und zog ihn dicht an meinen heran. “Ich habe gesehen, dass Ihr Glas bereits fast leer ist, deshalb habe Ich Ihnen ein neues mitgebracht. Mein Name ist übrigens Hugo”, und als ich darauf nicht reagierte, fügt er hinzu: “Und mit wem habe Ich die Ehre?”
Ich starrte in sein hautledernes Gesicht, verschmitzt funkelnden Augen, zurückgekämmte schmierige Haare und eine seidene Krawatte, die einmal sehr teuer gewesen sein musste. “Antoinette.” Murmelte ich und hätte mir am liebsten auf den Mund geschlagen. (…) Ich schielte nach Rémy, aber er war zu sehr in die Musik vertieft um den ungebetenen Gast zu bemerken.
“Ich habe Sie hier noch nie gesehen.” Hugo prostete mir zu und nur widerwillig stieß ich mit ihm an, allerdings ohne auch nur einen Schluck zu trinken. Hugo wechselte ohne Umschweife von dem umständlichen Sie zum Du, vielleicht hielt er mich für ein einsames Mädchen, vielleicht einfach für eine ungeschickte Hafenprostituierte.
“Bist du neu hier?”
“Gewissermaßen- Ja.” Antwortete ich und wünschte er würde verschwinden. Der Gedanke, dass er mich einige Zeit unbemerkt beobachtet haben musste war mir unheimlich.
“Ganz neu und dann auch noch ganz alleine?” Hugo schüttelte den Kopf als sei dies ein unhaltbarer Zustand, den es zu ändern bedurfte. “Dann wird es dir ja bestimmt sehr Recht sein, wenn ich dir heute Abend Gesellschaft leiste!”
Auszug aus „Odysee einer Jugend“