„Sie kommen zu spät, Lady“, sagt der Beamte ohne den Kopf zu heben. „Die Grenze ist dicht.“
Na schön, vielleicht hätten wir ein paar Minuten früher aufbrechen sollen. Aber das Sushi hat so gut geschmeckt. Und wann, wann haben wir die nächste Gelegenheit dieses Sushi-Restaurant wieder zu besuchen? Mann muss seine Chancen ergreifen wie sie kommen.
Ich weiß, dass das Leben den bestraft, der zu spät kommt. Aber gleich die Grenze dichtmachen, ist das nicht ein bisschen hart? „Entschuldigen Sie,“ sage ich zu dem Beamten. „Wir müssen zurück nach Malaysia. Heute noch.“
Nur die Sterne funkeln
Ich blicke etwas nervös zu Panda. Die Grenze ist dicht, das ist die eine Sache. Die andere Sache ist, dass es hier an der Grenze kein Hotel gibt und keine Tankstelle. Und, dass unser Benzin fast alle ist. Es hilft nichts. Schweigend gehen wir zurück zum Auto und fangen erst gar nicht damit an, uns gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben.
Wir fahren langsam über die einsame Straße durch den Dschungel. Wir beten innerlich, dass wir nicht ohne Benzin im Dschungel stecken bleiben. Es ist stockdunkel, nur die Sterne funkeln am Himmel. Links und rechts von uns knackt es im Gebüsch. Hier gibt es nicht nur ein paar Wildschweine und Rotfüchse. Hier gibt es Elefanten, Warane, Krokodile und Schlangen. Es gibt die Holzmafia, Indianerstämme, die früher auf Kopfjagd gingen – und vor allem gibt es ganz gewöhnliche Kriminelle.
Hallo? Wir sind im Ölparadies
Ich kann nicht fassen, dass uns ausgerechnet das Benzin ausgeht. Ich meine, Hallo? Wir sind hier in Brunei, einem der erdölreichsten Länder der Welt. Ohne Benzin in Brunei, wie bescheuert ist das denn?
Endlich flackert wieder ein bisschen Licht auf der Straße, wir passieren einen Checkpoint. Doch hier gibt es nur ein paar Kerosinlampen und eine kleine Hütte, in der zwei Beamten Karten spielen. Ich frage mich, ob den Beamten nicht unheimlich wird, so alleine nachts im Dschungel? Man erzählt sich da ja so allerlei Geschichten, von Dschungelgeistern, die dich rufen und von Menschen die nie wieder aus dem Dickicht zurückkehren…
Nur für Einheimische
Da die Dummen bekanntlich immer Glück haben passieren wir den Checkpoint, passieren den Dschungel und erreichen die nächste Stadt, noch bevor der Tank völlig austrocknet. Hier in der Stadt spiele ich wieder mein Lieblingsspiel: Ich halte Ausschau nach schwarzen Limousinen. Da könnte nämlich Hassanal Bolkiah drinsitzen, Sultan von Brunei und einer der reichsten Männer der Welt. Und er besitzt eine Menge schwarze Limousinen, 5000 Wagen soll sein Fuhrpark umfassen! Dazu kommen noch ein paar Privatjets und die längste Yacht der Welt.
Aber alles was wir gerade brauchen, ist ein bisschen Benzin, verdammt noch mal. Eine alte Frau erklärt uns umständlich den Weg zur nächsten Tankstelle. „Nur für Einheimische“, sagt der Tankwart und winkt uns weiter. Also müssen wir eine weitere alte Frau befragen und finden endlich die Tankstelle für Ausländer, wo das Benzin teurer ist, nämlich sage und schreibe 30 Cent pro Liter kostet.
Noch mal kurz zum Sushi…?
Wir finden ein überteuertes Hotelzimmer, das nach Zigaretten stinkt. Am nächsten Morgen wache ich mit einem Lächeln auf: Jetzt, da wir noch so viel Zeit haben bis wir zur Grenze müssen, können wir ja noch mal kurz im Sushi-Restaurant Halt machen.
Foto oben: Carsten Lynker
Brunei Darussalam:
Das Sultanat Brunei Darussalam liegt auf der südostasiatischen Insel Borneo an der Grenze zu Malaysia. Regiert wird es in einer absoluten Monarchie von Sultan Hassanal Bolkiah, der mit einem geschätzten Vermögen von 20 Millarden US Dollar zu den reichsten Menschen der Welt gehört. Brunei ist reich an Erdöl und Erdgas. Rund 60 Prozent des Staatsgebietes sind Urwald. Auf einen Quadratkilometer kommen 71 Einwohner – in Deutschland sind es 225.